Finanzierung geschlechtsangleichender Maßnahmen nach der BSG-Entscheidung: Teilt ihr eure Erfahrungen mit uns?

Seit der Entscheidung des Bundesozialgerichts (BSG) vom 19.10.2023 besteht eine große Unsicherheit hinsichtlich der Finanzierung geschlechtsangleichender Maßnahmen durch die gesetzlichen Krankenversicherungen. (Infos zum Hintergrund findet ihr weiter unter.)

Der GKV-Spitzenverband hat den gesetzlichen Krankenversicherungen empfohlen, bis zum Abschluss des G-BA-Verfahrens alle neu beantragten Maßnahmen entsprechend der bisherigen Praxis zu finanzieren. Krankenkassen sind aber nicht an diese Empfehlung gebunden. Deswegen fragen wir uns, wie sich die Praxis in NRW tatsächlich gestaltet. Kenntnisse darüber wären für die Vertretung von Trans*-Community-Interessen gegenüber Entscheidungsträger*innen sehr hilfreich.

Deshalb bitten wir euch darum, eure Erfahrungen mit uns zu teilen. Habt ihr selbst nach dem 19.10. eine Rückmeldung auf einen Antrag auf Kostenübernahme erhalten oder wisst ihr von entsprechenden Fällen, z.B. aus eurer Selbsthilfegruppe? Dann freuen wir uns sehr, wenn ihr eure Erfahrungen im Hinblick auf die folgenden fünf Fragen mit uns teilt:

- Um welche Maßnahme, für die eine Kostenerstattung beantragt wurde, handelt es sich?
- Bei welcher Krankenkasse wurde der Antrag gestellt?
- Wurde der Antrag bewilligt?
- Wurde der Antrag mit Verweis auf die BSG-Entscheidung vom 19.10.2023 abgelehnt?
- Wann habt ihr die Rückmeldung erhalten?

Schickt eure Antworten bitte per Mail an die Landeskoordination Trans* NRW unter info@lako-trans.nrw. Wir behandeln die Informationen selbstverständlich vertraulich und verarbeiten sie anonymisiert weiter.

Herzlichen Dank für eure Unterstützung!
Das Netzwerk Geschlechtliche Vielfalt Trans* NRW und das Queere Netzwerk NRW

Zum Hintergrund:
Das Bundessozialgericht (BSG) hat am 19.10.2023 die Klage einer nicht-binären Person auf Kostenübernahme einer Mastektomie abgelehnt. Begründet hat das Gericht dies damit, dass transitionsspezifische Maßnahmen nach der aktuellen S3-Leitlinie „eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode darstellen“ (da nicht mehr nur von binär gedachten Transitionsmaßnahmen ausgegangen wird und Selbstbestimmung eine deutlich größere Rolle spielt) und dass für die Kostenübernahme daher erst die Anerkennung dieser Methode durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) notwendig ist. Diese Entscheidung wirkt sich sowohl auf nicht-binäre als auch auf binäre trans* Menschen aus, die einen Antrag auf Kostenübernahme für transitionsspezifische Maßnahmen stellen, da es laut diesem Urteil keine Grundlage für den Anspruch auf Kostenübernahme für diese Maßnahmen mehr gibt.
Die Kostenübernahme für bereits begonnene Behandlungen soll, so das BSG, „aus Gründen des Vertrauensschutzes“ fortgeführt werden. Der GKV-Spitzenverband hat den gesetzlichen Krankenversicherungen empfohlen, bis zum Abschluss des G-BA-Verfahrens alle Behandlungen weiterhin wie bisher gehandhabt zu finanzieren. Daran sind die Krankenversicherungen leider nicht gebunden.
Wir versuchen selbstverständlich mit darauf hinzuwirken, dass die Kosten für transitionsspezifische Maßnahmen sowohl für binäre trans* Menschen weiterhin als auch für nicht-binäre (trans*) Menschen zukünftig übernommen werden. Wichtig für diese Arbeit ist die Veröffentlichung der Urteilsbegründung, die noch aussteht.



Transgender Day of Remembrance 2023 – Gedenken und Bewegen

 [CN: trans*feindliche Gewalt, Tod, Suizid]
In den vergangenen Jahren und insbesondere in den vergangenen Monaten mussten wir erleben, wie trans*feindliche Diskurse in Deutschland immer mehr Raum eingenommen haben – medial und sogar im Gesetzesentwurf für das Selbstbestimmungsgesetz. Verbreitet und gezielt platziert werden diese trans*feindlichen Bilder und falschen Informationen vor allem durch trans*feindliche und rechte Akteur*innen, aufgegriffen werden sie von vielen Menschen in der Gesellschaft und in der Politik. Wir haben die große Sorge, dass die trans*feindlichen Narrative, die sich in vielen Köpfen festsetzen, zu einem weiteren Anstieg an körperlicher Gewalt gegen trans* Menschen führt.

Angst vor verbaler und verstärkt auch vor körperlicher Gewalt sowie tatsächliche Gewalterfahrungen sind für viele trans* Menschen auch in NRW eine schmerzliche Realität. Das gilt in besonders dramatischer Form für trans* Menschen, die von mehrdimensionaler Diskriminierung betroffen sind, so trans* Frauen und insbesondere trans*weibliche Bi_PoC, trans* Sexarbeiter*innen und behinderte trans* Menschen.  Gleichzeitig haben gerade diese besonders vulnerablen Menschen sehr wenig Zugang zu Schutzangeboten. Das muss sich dringend ändern!

Auch die jüngsten Zahlen des Trans Murder Monitoring (https://transrespect.org/en/trans-murder-monitoring-2023/) sind erneut erschreckend: Dokumentiert wurden zwischen dem 1.10.2022 und dem 20.9.2023 weltweit 320 Morde an trans*, nicht-binären und gender-nonkonformen Menschen; von einer deutlich höheren Zahl an nicht dokumentierten Morden ist auszugehen. 94% der hier dokumentierten Ermordeten waren trans* Frauen und trans*weibliche Personen. 80% waren negativ von Rassismus betroffen. 45% der ermordeten trans* Menschen in Europa, von denen dies bekannt ist, waren Migrant*innen oder Geflüchtete. Und 48% der Ermordeten weltweit und 78% der Ermordeten in Europa, deren Beruf bekannt ist, waren Sexarbeiter*innen.
Wir haben ein Video mit den Namen der dokumentierten ermordeten trans*, nicht-binären und gender-nonkonformen Menschen erstellt. Mit ihren Namen möchten wir diesen Menschen gedenken:


Ihr könnt das Video gern für eigene Gedenkveranstaltungen verwenden.

Wir gedenken allen trans* Menschen weltweit, die durch trans*feindliche Gewalt gestorben sind. Und wir trauern tief um alle Menschen aus unseren Trans*-Communitys, die in dieser cisnormativen Gesellschaft durch Suizid gestorben sind. Die Wunden in unseren Herzen sind offen und brennen.

So darf es nicht weitergehen!! Wir brauchen eine klare Positionierung für geschlechtliche Selbstbestimmung von gesetzgeberischer Seite, eine menschen- und trans*freundliche Asylpolitik, eine Stärkung der ehrenamtlichen und hauptamtlichen Trans*-Beratung, einen Ausbau der Bildungs- und Sensibilisierungsarbeit und breite solidarische Bündnisse gegen trans*feindliche uns rassistische Akteur*innen. Wir können und müssen gemeinsam viel bewegen!

Die Tage um den TDoR sind für viele von uns besonders belastend und aufwühlend. Wenn ihr Sorgen bis hin zu Suizidgedanken habt und darüber sprechen möchtet, könnt ihr jederzeit unter der Nummer 0800-1110111 anonym und kostenlos eine Telefonseelsorgestelle erreichen. Auch ein Austausch per Chat oder per Mail ist dort möglich (https://online.telefonseelsorge.de/).









[Illustration: Jespa Jacob Smith – herzlichen Dank dafür!]



Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 19.10.2023 zur Kostenübernahme bei geschlechtsangleichenden Maßnahmen


Wie ihr wahrscheinlich mitbekommen habt, hat das Bundessozialgericht (BSG) am 19.10.2023 die Klage einer nicht-binären Person auf Kostenübernahme einer Mastektomie abgelehnt. Begründet hat das Gericht dies damit, dass transitionsspezifische Maßnahmen nach der aktuellen S3-Leitlinie „eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode darstellen“ (da nicht mehr nur von binär gedachten Transitionsmaßnahmen ausgegangen wird und Selbstbestimmung eine deutlich größere Rolle spielt) und dass für die Kostenübernahme daher erst die Anerkennung dieser Methode durch den Gemeinsamen Bundesausschuss notwendig ist. Diese Entscheidung wirkt sich sowohl auf nicht-binäre als auch auf binäre trans* Menschen aus, die einen Antrag auf Kostenübernahme für transitionsspezifische Maßnahmen stellen, da es laut diesem Urteil keine Grundlage für den Anspruch auf Kostenübernahme für diese Maßnahmen mehr gibt.

Die Kostenübernahme für bereits begonnene Behandlungen soll, so das BSG, „aus Gründen des Vertrauensschutzes“ fortgeführt werden. Der GKV-Spitzenverband hat den GKVen empfohlen, dass bis zum Abschluss des G-BA-Verfahrens alle Behandlungen weiterhin wie bisher gehandhabt finanziert werden sollen. Daran sind die GKVen aber leider nicht gebunden.

 

Verständlicherweise gibt es unter nicht-binären und binären trans* Menschen enorm große Sorgen und Trans*-Berater*innen fragen sich, wie sie Ratsuchende gut informieren und begleiten können. Zurzeit ist Vieles noch unklar. Es arbeiten viele engagierte Menschen (Jurist*innen und Nicht-Jurist*innen) daran, die verschiedenen Handlungsoptionen auszuloten und Initiativen vorzubereiten, insbesondere in Bezug auf den Gemeinsamen Bundesausschusses (das G-BA-Verfahren), auf ein Gesetzgebungsverfahren, auf eine eventuelle Verfassungsbeschwerde und auf eventuelle weitere Verfahren. Wichtig für diese Arbeit ist die Veröffentlichung der Urteilsbegründung, die leider noch aussteht. Ich schreibe euch gern, wenn ich Konkretes weiß, das veröffentlichungsreif ist. Wir versuchen selbstverständlich mit darauf hinzuwirken, dass die Kosten für transitionsspezifische Maßnahmen sowohl für binäre trans* Menschen weiterhin als auch für nicht-binäre (trans*) Menschen zukünftig übernommen werden.

 

Für Fragen zum jetzigen Zeitpunkt möchte ich euch eine Veranstaltung des Bundesverbands Trans* empfehlen: Am Donnerstag, 23.11.2023 von 19 bis 20:30 Uhr findet eine Online-Veranstaltung des Bundesverbands Trans* zum Thema „Kostenübernahme geschlechtsangleichender Maßnahmen – Was wissen wir bereits über das Urteil des Bundesozialgerichts?“ statt. Infos zur Veranstaltung findet ihr hier: https://www.bundesverband-trans.de/bvt-frequently-asked-questions-no-12-kostenuebernahme-geschlechtsangleichender-massnahmen/ Anmelden könnt ihr euch bis zum 22.11.2023 per Mail an anmeldung@bv-trans.de.

Hier findet ihr die Pressemitteilung des BSG zum Urteil vom 19.10.2023: https://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2023/2023_34.html 

und hier weitere Infos zum Verfahren: https://www.bsg.bund.de/SharedDocs/Verhandlungen/DE/2023/2023_10_19_B_01_KR_16_22_R.html.


Und hier geht es zur Pressemitteilung der klagenden Person, ihrer Anwält*innen und der TIN-Rechtshilfe zum Urteil: https://tinrechtshilfe.de/2023/10/20/urteil-des-bundessozialgerichts-zu-mastektomien/




Großes Interesse am Fachtag „Trans* Menschen in der Pflege“ am 25.10. in Bochum 

Auf großes Interesse stieß der Fachtag zum Thema „Trans* Menschen in der Pflege: Bedarfe kennen, Versorgung sensibel gestalten“, der am 25. Oktober 2023 an der Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe in Bochum stattfand. Organisiert wurde der Fachtag von der Landeskoordination Trans* NRW in Kooperation mit der Hochschule sowie dem Netzwerk Geschlechtliche Vielfalt Trans* NRW und der Landesfachberatung für gleichgeschlechtliche und trans* Lebensweisen in der offenen Senior*innenarbeit.

Neunzig (angehende) Pflegekräfte, weitere Beschäftigte in Pflegeeinrichtungen sowie Ausbilder*innen und Multiplikator*innen setzten sich in Vorträgen und Workshops damit auseinander, wie der Pflegealltag trans*sensibel und trans*inklusiv gestaltet werden kann. Im Anschluss an die Einstiegsvorträge von Phé Hofmann zu Lebensrealitäten von trans* und nicht-binären Menschen sowie von Mischa Regenbrecht zu trans*sensibler Gesundheitsversorgung und Pflege fand in Workshops zu Themen wie „Geschlechtliche Vielfalt und psychische Gesundheit in der Pflege“ und „Trans*sensible Altenpflege“ und „Geschlechtliche Vielfalt in Pflegeausbildung und Praxisanleitung“ ein intensiver Austausch zu spezifischen Aspekten der Pflegepraxis statt.

Beim Fachtag wurde deutlich: Wie viele andere Bereiche auch, wird Pflege noch stark zweigeschlechtlich organisiert und gedacht, und stereotype, teilweise pathologisierende Vorstellungen von Transgeschlechtlichkeit und Nichtbinarität sind verbreitet. Viele trans* und nicht-binäre Menschen werden beispielsweise, häufig aus Unwissenheit, mit einer falschen Anrede angesprochen, bei der Zimmerzuteilung wird das (Identitäts-)Geschlecht nicht berücksichtigt und es kommt zu unangemessenen intimen Fragen. Auch kommt es aufgrund von fehlendem Wissen zu Nicht- und Falschbehandlungen. Der Fachtag bot nun einen Raum für eine Auseinandersetzung damit, wie Pflegende im Pflegealltag respektvoll mit trans* und nicht-binären Menschen umgehen können und was hinsichtlich spezifischer Fragen im Zusammenhang unter anderem mit Körperlichkeit, Sprache und Geschlechtseinträgen zu beachten ist. Handlungsleitend soll dabei auch eine intersektionale Perspektive sein, die mehrdimensionale Diskriminierungen explizit in den Blick nimmt.

Die enorme Nachfrage nach dem Fachtag (angemeldet hatten sich über 500 Personen) zeigt, wie groß der Bedarf an Fortbildung und Sensibilisierung zu diesem Thema ist und dass der Bedarf zunehmend erkannt wird – und das trotz der enormen Belastungen und herausfordernden Arbeitsbedingungen, denen Pflegekräfte alltäglich ausgesetzt sind.

Wir danken den Referent*innen herzlich für ihre weiterbringenden Inputs und den Teilnehmer*innen für ihre engagierte Teilnahme am Fachtag. Wir freuen uns sehr über die zahlreichen Rückmeldungen, dass die Teilnehmer*innen viele hilfreiche Impulse und praktische Anregungen dazu bekommen haben, wie die Pflegepraxis trans*- und nichtbinärsensibel gestaltet werden kann. Und wir hoffen, dass die Inputs und der Austausch im Rahmen dieses Fachtags ein bisschen dazu beitragen konnten, dass eine trans*- und nicht-binärinklusive Pflege Realität und perspektivisch eine Selbstverständlichkeit wird.


Erste Reaktion auf den im Kabinett beschlossenen Gesetzesentwurf zum Selbstbestimmungsgesetz

Das Bundeskabinett hat das Selbstbestimmungsgesetz beschlossen, das das TSG und die Regelungen in §45b PStG ablöst! Es geht nun für Lesungen im Plenum und für Arbeit in Ausschüssen in den Bundestag. 

Ein historischer Schritt! Und gleichzeitig sind wir ernüchtert davon, dass die kritischen Rückmeldungen und Forderungen von Trans*- und Inter*-Selbstorganisationen und anderen Verbänden etc. kaum Berücksichtigung gefunden haben und seit Mai sogar noch weitere Einschränkungen der Selbstbestimmung in den Gesetzesentwurf aufgenommen worden sind. Die Änderung des Vornamens- und Geschlechtseintrags muss für alle trans*, nicht-binäre und/oder inter* Menschen selbstbestimmt möglich sein, auch für Jugendliche! Wir fordern ein klares Bekenntnis zu geschlechtlicher Selbstbestimmung ohne Ausnahmen. Die Menschenwürde und Selbstbestimmung von trans*, nicht-binären und/oder inter* Menschen darf in der Koalition, im Bundestag und im öffentlichen Diskurs, vor allem in der Auseinandersetzung mit trans*feindlichen Akteur*innen, nicht verhandelbar sein! 

Unsere Ausführungen zum Referent*innenentwurf in unserer Presseerklärung vom 10.5.2023 treffen in weiten Teilen auch auf den Gesetzesentwurf zu. Die Presseerklärung kann hier im PDF-Format heruntergeladen werden.


Zu den neu aufgenommenen Regelungen, die wir für dramatisch halten, gehört der deutlich erschwerte Zugang für Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft. 


Hier findet sich die Presseerklärung des Bundesverbands Trans* zum Kabinettsbeschluss, der wir uns inhaltlich anschließen. 




Trans*-Peerberater*innen-Qualifizierung 2023 abgeschlossen

Am vergangenen Wochenende, am 19. und 20. August 2023, fanden in Dortmund die letzten beiden Module der diesjährigen Trans*-Peerberater*innen-Qualifizierung des NGVT* NRW und der Landeskoordination Trans* NRW statt. Herzlichen Glückwunsch an die zehn Absolvent*innen! Wir wünschen euch für eure (lebens!)wichtige Beratungsarbeit alles Gute und danken euch sehr für euer großes Engagement während der Qualifizierung und für die Trans*-Community.

Einen herzlichen Dank außerdem an die wundervollen Referent*innen Hannah Engelmann-Gith (www.hannah-engelmann.de), Né Fink (https://ne-fink.de), Louis Kasten und K* Stern (www.praxis-kstern.de)!

Die Fachqualifizierung für trans* und nicht-binäre Menschen, die in NRW andere trans*und nicht-binäre Menschen beraten, bestand in diesem Jahr aus sechs eintägigen Modulen, die an drei Wochenenden in der Jugendherberge Dortmund stattf¬anden. Zwischen den Modulen übten die Teilnehmer*innen selbstorganisiert Beratungssituationen und tauschten sich in Peergruppen aus. Im Rahmen der Qualifizierung konnten die Teilnehmer*innen Beratungsfähigkeiten und -techniken erlernen, vertiefen und üben und sich zudem Wissen zu Themen u.a. aus den Bereichen Trans*-Gesundheit und Recht aneignen.

Hannah Engelmann-Gith, freie Referentin für Gender Diversity mit langjähriger Erfahrung in der Beratung von trans* und nicht-binären Menschen, gestaltete mit den Modulen 1 und 6 eine inhaltliche Klammer um die weiteren Module der Qualifizierung. Der Fokus des Einstiegsmoduls lag auf Haltungen in der Trans*-Beratung, spezifischen Merkmalen von Peerberatung sowie Ansätzen einer diskriminierungssensiblen Beratung. Zudem leitete Hannah Engelmann-Gith eine erste Standortbestimmung und Selbstreflexion der Teilnehmer*innen an.

Im zweiten Modul vermittelte der*die Referent*in K* Stern, Heilpraktiker*in für (Körper)Psychotherapie und Trainer*in für geschlechtliche Vielfalt und körperorientierte Resilienzförderung, Grundlagenwissen zu geschlechtlicher Vielfalt, auch im Hinblick auf Mehrfachdiskriminierungen, sowie zu spezifischen Beratungsbedarfen nicht-binärer Menschen. Anschließend übten die Teilnehmer*innen den Beginn einer Beratung.

Das dritte Modul widmete sich unter der Leitung von K* Stern vielfältigen Fragen, die im Hinblick auf körpermodifizierende Behandlungsanliegen für die Trans*-Peer-Beratung relevant sind, und bot ebenso Raum zum Üben von Beratungen.

Im Rahmen des vierten Moduls vermittelte der Volljurist Dr. Louis Kasten Fachwissen zu juristischen Grundlagen im Hinblick auf Vornamens- und Personenstandsänderungen, auch nach dem entworfenen Selbstbestimmungsgesetz, Antidiskriminierungsrecht, Trans*-Elternschaft und Krankenversicherung und räumte auch mit verbreiteten Fehlinformationen auf. Louis Kasten berät seit vielen Jahren öffentliche Stellen, Beratungsstellen und Community-Projekte zu Rechten und juristischen Schwierigkeiten von trans* und insbesondere von nicht-binären Personen.

Im fünften Modul zu Beratungsgrundlagen hatten die Teilnehmer*innen Gelegenheit sich unter der Anleitung von Né Fink und anknüpfend an entsprechende Inputs mit ihrer Rolle als Berater*in, mit Grenzen in der Beratung, mit ihren Ressourcen und Skills für die Beratung sowie mit ihrem Umgang mit den eigenen Ressourcen auseinanderzusetzen. Angeleitet wurde das Modul von Né Fink, Sensibilisierungs- und Empowerment-Trainer zum Thema geschlechtliche Vielfalt, systemischer Berater und ehrenamtlicher Trans*-Berater.

Das sechste und letzte Modul der Qualifizierung widmete sich unter der Leitung von Hannah Engelmann-Gith Beratungstechniken u.a. im Hinblick auf das Erfragen von Anliegen, Reframing und wohlformulierte Ziele sowie einem gemeinsamen Abschluss. Die Teilnehmer*innen hatten bei Übungen zudem Gelegenheit, ihr vielfältiges im Rahmen der Qualifizierung erworbenes und vertieftes Wissen zu Beratungsgrundlagen, Gesundheit und Recht anzuwenden.

Das Feedback der Teilnehmer*innen zur Gestaltung und Organisation der Qualifizierung war sehr positiv, was uns sehr freut.

Dank der Förderung durch das Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen konnte die Qualifizierung für die zehn Teilnehmer*innen kostenfrei angeboten werden.

Die Trans*-Peerberater*innen-Qualifizierung des NGVT* NRW und der Landeskoordination Trans* NRW findet seit 2017 in einem zweijährigen Turnus statt. Für 2025 ist ein erneuter Durchgang der Qualifizierung geplant, sofern die erforderlichen Mittel bewilligt werden. 2024 soll es ergänzende Angebote für Trans*-Peerberater*innen geben, voraussichtlich ein eintägiges Fortbildungsangebot zu juristischen Themen.

Das Foto zeigt sieben der zehn Absolvent*innen der diesjährigen Qualifizierung.

  








Achtsamkeit und Selbstfürsorge - ein Workshop für junge trans* und nicht-binäre BI_PoCj bis 27 Jahre

Mindfulness and self-care - a workshop for young trans and non-binary BI_PoCj up to 27 years of age

[English below]

Ihr möchtet mal so richtig abschalten und mit anderen jungen trans* und nicht-binären BI_PoCj* eine Pause vom Alltag machen? Dann kommt zum Workshop „Achtsamkeit und Selbstfürsorge“ mit Kuem am 12.08.23 in Köln.

Vor Ort werdet nur ihr als Gruppe sein, da wir euch einen Safer Space zur Verfügung stellen möchten. Wenn ihr Lust habt dabei zu sein, dann freuen wir uns über eine vorherige Anmeldung per Mail bis zum 09.08.23 an qmunity@queere-jugendfachstelle.nrw.
Eure Fahrtkosten zum Workshop und zurück werden erstattet.

Die Plätze sind begrenzt, also sichert euch einen Workshopplatz und sagt euren Freund*innen Bescheid. Ihr könnt doch nicht dabei sein? Kein Problem, sagt uns einfach kurz ab.

Wenn ihr teilnehmen wollt, dann bringt euch bitte eine Yogamatte oder eine Decke und ein Kissen zum Hinsetzen sowie bequeme Kleidung mit. Kleine Snacks und Getränke gibt es für euch vor Ort.

Wer? Trans* und nicht-binäre BI_PoCj bis 27 Jahre
Wann?
12.08.2023, 14-17 Uhr
Wo?
Köln (Die Adresse bekommen die Teilnehmer*innen per Mail zugeschickt.)
Anmeldung: Bis zum 09.08.23 per Mail an qmunity@queere-jugendfachstelle.nrw


*Unter BI_PoCj verstehen wir im Hinblick auf diese Veranstaltung (post)migrantische Menschen und Menschen mit Rassismus-, Antislawismus und/oder Antisemitismuserfahrung.



English:

Mindfulness and self-care, a workshop for young trans and non-binary BI_PoCj up to 27 years of age

Do you want to take a break from everyday life with other young trans and non-binary BI_PoCj*? Then come to the workshop “Mindfulness and self-care” with Kuem on August 12th, 2023 in Cologne.

In the location only this group will be there, as we would like to provide you with a safer space. If you would like to be there, we look forward to receiving your registration by email to qmunity@queere-jugendfachstelle.nrw by August 9th, 2023.

Your travel expenses to the workshop and back will be reimbursed.

Places are limited, so make sure you secure a place in the workshop and let your friends know. You registered but can't be there? No problem, just let us know.

If you want to participate, please bring a yoga mat or a blanket and a pillow to sit on. We recommend you wearing comfortable clothes. Small snacks and drinks are available for you on site.

Who? Trans and non-binary BI_PoCj up to 27 years of age

When? August 12th, 2023, 2-5 p.m.

Where? Cologne (the exact address will be sent to participants of the event via email)

Registration: By August 9th, 2023 by email to qmunity@queere-jugendfachstelle.nrw

* By BI_PoCj we mean, in the context of this event, (post) migrants and people experiencing racism, anti-slavism and/or anti-semitism.





Fachtag "Trans* Menschen in der Pflege: Bedarfe kennen, Versorgung sensibel gestalten"

Pflege zielt darauf, Menschen mit ihren individuellen Bedarfen und Bedürfnissen in verschiedenen
Settings der Gesundheitsversorgung zu begleiten. Orientiert an den Lebensaktivitäten der
Menschen schließt dies ein, geschlechtliche Vielfalt der zu Pflegenden anzuerkennen und zu berücksichtigen.


Im Pflegealltag stellt die Gestaltung einer trans*sensiblen und trans*inklusiven Versorgung nicht
selten eine Herausforderung dar und die Geschlechtsidentität von trans*Patient*innen wird im
Versorgungsprozess häufig nicht (ausreichend) respektiert. Dies zeigt sich beispielsweise in der
stationären Versorgung sehr deutlich, wenn es um die Frage der Zimmerzuteilung geht. Mangelnde
strukturelle Rahmenbedingungen im Versorgungssystem, fehlende Kenntnis der Bedarfe
und damit verbundene Unsicherheiten sowie fortbestehende Tabuisierung tragen zu Diskriminierung
und nicht selten zu Unter- oder Fehlversorgung bei, die die psychische wie physische Gesundheit
und die Genesung von trans*Patient*innen zusätzlich belasten können.


Die Evangelische Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe, die Landeskoordination Trans* NRW,
das Netzwerk Geschlechtliche Vielfalt Trans* NRW e.V. und das rubicon e.V. laden gemeinsam zu
einem Fachtag ein:


Wir möchten professionell Pflegende, Mitarbeitende in Pflegeausbildung und -praxis, Auszubildende
und Studierende sowie Interessierte zur Lebenssituation von trans* Menschen und ihren
gesundheitlichen Versorgungsbedarfen informieren. Im Rahmen von Vorträgen und Workshops
möchten wir für eine Pflegepraxis sensibilisieren, die vielfältige Geschlechtsidentitäten achtet,
und einen Austausch zur Gestaltung einer trans*sensiblen und trans*inklusiven Pflege anregen.


Wann? Mittwoch, 25.10.2023 von 10.00 bis 16.00 Uhr
Wo? Evangelische Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe,
Immanuel-Kant-Straße 18-20, 44803 Bochum
Organisation: Evangelische Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe, Landeskoordination
Trans* NRW, Netzwerk Geschlechtliche Vielfalt Trans* NRW e.V.,
rubicon e.V.


Das gesamte Programm des Fachtags lässt sich HIER einsehen. 

Eine Anmeldung ist bis zum 12. Juni 2023 per E-Mail an veranstaltungen@evh-bochum.de möglich. Ab dem 19. Juni erhaltet ihr eine Rückmeldung dazu, ob die Anmeldung berücksichtigt werden konnte. Eine Abfrage persönlicher Bedarfe und der Präferenzen für einen Workshop erfolgt separat zeitnah vor der Veranstaltung.


Wir freuen uns auf eure Anmeldungen!






Pressemitteilung des NGVT* NRW e.V. anlässlich der Veröffentlichung des Entwurfs des Selbstbestimmungsgesetzes am 9.5.2023


Die Pressemitteilung kann HIER im PDF-Format heruntergeladen werden.



 

Seit Jahrzehnten fordern Trans*-Organisationen und Trans*-Aktivist*innen die Abschaffung des Transsexuellengesetzes (TSG) von 1981, welches bereits in großen Teilen vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt wurde. Auch der Vorstand des NGVT* NRW, des Landesverbands der Trans*-Gruppen in Nordrhein-Westfalen, vertritt diese Forderung und begrüßt entsprechend die geplante Neuregelung von Vornamens- und Personenstandsänderung durch das Selbstbestimmungsgesetz. Bereits im Juni vergangenen Jahres hatten Bundesfamilienministerin Lisa Paus und Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann die Eckpunkte des kommenden Selbstbestimmungsgesetzes vorgestellt. Auf den ausgearbeiteten Gesetzesentwurf musste nun lange gewartet werden. Nun ist der Referent*innenentwurf des „Gesetzes über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag und zur Änderung weiterer Vorschriften“ endlich veröffentlicht worden und die Beteiligung der Fachverbände hat begonnen.
„Grundsätzlich begrüßen wir die Abschaffung des TSG und die Einführung eines Selbstbestimmungsgesetzes selbstverständlich. Endlich soll die Änderung des Vornamens und Geschlechtseintrags durch einen Antrag beim Standesamt möglich sein, ohne den bisherigen Weg über ein Gericht mit der trans*feindlichen Gutachtenregelung aus dem TSG. Dennoch gibt es einige Punkte, die aus unserer Sicht verbessert werden müssen”, so der Vorstand des NGVT* NRW. „Besonders im Vergleich zum Eckpunktepapier enthält der Gesetzesentwurf viele Regelungen, die nicht die Selbstbestimmung von trans* und nicht-binären Menschen stärken, sondern den in den vergangenen Monaten lautstark herbeigeredeten Szenarien eines angeblichen Ausnutzens des Gesetzes unangemessen viel Raum geben“, so der Vorstand weiter. Der drängendste Änderungsbedarf besteht jedoch nach Ansicht des NGVT*-Vorstands weiterhin im Hinblick auf die im Entwurf enthaltene Einschränkung der Selbstbestimmung für Minderjährige ab 14 Jahren, die schon im Eckpunktepapier enthalten war.

 



Altersgrenze
Laut dem Gesetzesentwurf ist vorgesehen, dass minderjährige Jugendliche ab 14 Jahren zwar selbst beim Standesamt die Erklärung zur Änderung ihres Vornamens und/oder Personenstands abgeben können, jedoch nur mit Zustimmung der Sorgeberechtigten. Sollten diese nicht zustimmen, kann ein Familiengericht eingeschaltet werden.
Der Vorstand des NGVT* NRW hält das die Notwendigkeit der Zustimmung der Sorgeberechtigten für eine unangemessene Einschränkung der Selbstbestimmung von Jugendlichen zwischen 14 und 17 Jahren: „Ab dem 14. Lebensjahr kann jede jugendliche Person selbst und ohne Mitspracherecht der Eltern über die eigene Religionszugehörigkeit entscheiden – das ist im Gesetz über die religiöse Kindererziehung geregelt, welches Artikel 14 der UN-Kinderrechtskonvention folgt. Auch sind Jugendliche ab dem 14. Lebensjahr sowohl grundrechtsmündig als auch prozessfähig. Warum sollten Eltern Namens- und Personenstandsänderungen zustimmen müssen?” Auch der Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers, ist der Ansicht, dass junge Menschen ab 14 Jahren selbstbestimmt über ihre, auch juristische, Geschlechtszugehörigkeit entscheiden können sollten.
Viel wichtiger ist es auch, dass Strukturen geschaffen und gefördert werden, die Sorgeberechtigte, Kinder und Jugendliche angemessen beraten. Das Eckpunktepapier des BMFSFJ und des BMJ sieht vor, dass dafür auch auf „Beratungsangebote einschlägiger Vereine und Verbände hingewiesen werden” soll. Momentan werden viele dieser Beratungsangebote jedoch entweder ehrenamtlich durchgeführt oder sind bereits jetzt schon chronisch überbucht. „Das liegt auch an den viel zu kurzen Förderzeiträumen vieler solcher Projekte, die sich von einer einjährigen Förderung zur nächsten hangeln. Um die Beratungsstruktur zu gewährleisten, die die Ministerien vorsehen, sollte es da unbedingt ein Umdenken hin zu langfristigen Förderungen dieser Stellen geben. Nur so kann endlich eine Hauptamtlichkeit in der Beratungsstruktur etabliert werden und qualifizierte Arbeitskräfte können durch finanziell sichere Arbeitsbedingungen gewonnen werden,” betont der NGVT*-Vorstand.

 



Sperrfrist und Wartezeit
Die Sperrfrist von einem Jahr, die laut dem Entwurf die Ernsthaftigkeit des Änderungswunsches sicherstellen soll, hält der Vorstand des NGVT* NRW für ein falsches und unsinniges Signal. So ist selbst auf der Website „Fragen und Antworten zum Selbstbestimmungsgesetz“ des BMFSFJ zu lesen, dass die gesellschaftlichen und sozialen Hürden eines Trans*-Coming-Outs so hoch sind, dass Menschen diesen Schritt so oder so wohlüberlegt gingen und nicht aus einer Laune heraus. „Mit einer solchen Klausel spielen wir nur den Gegner*innen des Selbstbestimmungsgesetzes argumentativ in die Hände,“ so der Vorstand des NGVT* NRW.
Als eine ebenfalls die Selbstbestimmung einschränkende und zudem unsinnige Regelung, die für trans* Menschen im Alltag vermutlich eine größere Belastung als die Sperrfrist darstellt, ordnet der NGVT*-Vorstand die vorgesehene Wartezeit ein. Der Referent*innenentwurf sieht vor, dass die Änderungen von Vornamen und/oder Geschlechtseintrag erst drei Monate nach der Erklärung gegenüber dem Standesamt wirksam werden. Wie auch die einjährige Sperrfrist werden mit dieser vorgeschlagenen Wartezeit realitätsferne „Bedenken“ insbesondere von trans*feindlichen Personen und Gruppierungen aufgegriffen. „Die Idee, trans* Menschen müssten durch Hürden vor sich selbst geschützt werden, knüpft an trans*feindliche Narrative an. Und die Regelungen im Entwurf, die ein angebliches Ausnutzen des Gesetzes insbesondere durch cis Männer verhindert sollen, sind sachlich nicht begründet, verschieben den Fokus des Gesetzes auf unangemessene Weise und stellen eine völlig unnötige zusätzliche Belastung für trans* Menschen dar, die sich ohnehin in einer verletzlichen Situation befinden – grundsätzlich sowie insbesondere zum Zeitpunkt ihrer Transition“, so Mika Schäfer von der vom Land Nordrhein-Westfalen geförderten Fachstelle Landeskoordination Trans* NRW, die eng mit dem Vorstand des NGVT* NRW zusammenarbeitet.

 



Hausrecht
„Wir sind außerdem schockiert darüber, dass es die von trans*feindlichen Akteur*innen geforderte und von Bundesjustizminister Buschmann aufgegriffene Regelung zum Hausrecht in den Gesetzesentwurf geschafft hat“, fährt der NGVT*-Vorstand fort. In der Regelung geht es darum im Einzelfall trans* Frauen den Zugang zu Umkleidekabinen, Saunen, Fitnessstudios oder ähnlichen verwehren zu können. Dies beurteilt der Vorstand des NGVT* NRW als unhaltbares falsches Signal. „Diese Regelung reproduziert das diskriminierende, realitätsferne und von insbesondere rechten Ideolog*innen geschaffene Bild des Mannes, der sich als trans* Frau ausgibt, um in Frauenschutzräume einzudringen.“ Jona Mähler von der Landeskoordination Trans* NRW fährt fort: „Es sollte geprüft werden, ob diese Regelung rechtlich haltbar ist. Zwar wird von politischer Seite versichert, dass das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz von dieser Regelung nicht berührt wird und dass das Hausrecht nicht aus trans*feindlichen Motiven ausgeübt werden darf. Unabhängig davon wird diese Regelung aber Auswirkungen haben, falls sie Gesetz wird. Ich befürchte, dass diese Regelung zusätzlichen trans*feindlichen Diskriminierungen und Ausschlüssen den Weg bereiten würde. Außerdem würde allein die Angst vor Diskriminierung neue Hürden für die Teilhabe von trans* Menschen an entsprechenden Angeboten darstellen.“

 



Einschränkung der geschlechtlichen Selbstbestimmung im Kriegsfall
Ein weiteres nach Ansicht des NGVT*-Vorstands kritikwürdiges Element des Gesetzesentwurfs ist der Paragraf über die Aussetzung der Möglichkeit der Änderung des Geschlechtseintrages von „männlich“ zu „weiblich“ oder „divers“ im „Spannungs- und Verteidigungsfall“. Begründet wird diese entworfene Regelung mit der Sorge cis Männer könnten das Selbstbestimmungsgesetz im Kriegsfall ausnutzen um einer Einberufung zu entgehen. „Die Rechte von trans* Menschen dürfen auch im Kriegsfall unter keinen Umständen ausgesetzt oder weiter eingeschränkt werden“, fasst der Vorstand des NGVT* NRW die eigene Position zusammen. „Zwar sieht die entworfene Regelung Ausnahmen für den Fall vor, dass das Aussetzen der Änderungsmöglichkeit im Einzelfall eine ‚unbillige Härte‘ darstellen würde. Aber wir hören von trans* Menschen, wie sehr sie jegliche Aussicht auf neue Einschränkungen der Selbstbestimmung belastet.“ Und Mika Schäfer von der Landeskoordination Trans* ergänzt: „Jedes Element des Selbstbestimmungsgesetzes muss im Kontext der langen Geschichte staatlicher, institutioneller und alltäglicher Trans*feindlichkeit betrachtet werden. Nach dem Unrecht und der Gewalt durch den Staat, die trans* Menschen in Deutschland im Nationalsozialismus, aber auch durch das TSG mit seinen menschenfeindlichen Regelungen insbesondere zu Zwangssterilisationen und Zwangsscheidungen erfahren haben, sollte die Regierung den Verletzungen und Traumata der Trans*-Community sensibel, und vor allem durch ein klares Bekenntnis zu geschlechtlicher Selbstbestimmung ohne Ausnahmen begegnen. Außerdem sollten die im Koalitionsvertrag und im Eckpunktepapier angekündigten Entschädigungen für trans* und inter* Menschen endlich umgesetzt werden“, hebt Mika Schäfer von der Landeskoordination Trans* NRW hervor.

 



Offenbarungsverbot
Positiv zu bewerten ist die geplante Stärkung des Offenbarungsverbots, welches Personen nach einer Namens- und Personenstandsänderung vor Diskriminierung schützen soll. Das Offenbarungsverbot war zuvor bereits Teil des TSG, aber wurde in diesem Zusammenhang häufig als „zahnloser Tiger“ bezeichnet. Nun soll das Zuwiderhandeln als eine Ordnungswidrigkeit mit einer Geldstrafe von bis zu 10.000€ geahndet werden können. „Wir wünschen uns einen weiteren Ausbau des Anwendungsbereiches, insbesondere auf einige Offenbarungsakte, für die ein absichtliches Handeln nicht klar nachweisbar ist“, so der NGVT*-Vorstand.

 



Nächste Schritte
Bis zum 30.5.2023 können Verbände Stellungnahmen zum Referent*innenentwurf abgeben. Wir hoffen sehr, dass die Änderungsvorschläge der Selbstorganisationen umfangreichen Eingang in den Gesetzestext finden. Neben den oben genannten Punkten halten wir eine Weiterentwicklung der Regelungen zum Gesundheitsbereich, zum Sport und zu Quoten für sinnvoll. Den Gesetzgebungsprozess sowie weitere Prozesse, wie die Abstammungsrechtsreform und den Aufbau eines Entschädigungsfonds, wird das NGVT* NRW aufmerksam begleiten.

 



Transgender Day of Visibility 2023

Liebe Trans*-Community, liebe Verbündete,
der jährliche Transgender Day of Visibility (TDoV), der internationale Tag der Sichtbarkeit von trans* Menschen, soll die vielfältigen Perspektiven und Lebensrealitäten von (binären und nicht-binären) trans* Menschen sichtbarer machen. Auch durch das anstehende Selbstbestimmungsgesetz bekommen die Bedarfe von trans* Menschen nun in den Medien mehr Raum.  Das Bewusstsein für rechtliche, institutionelle und alltägliche Diskriminierungen gegenüber trans* Menschen wird größer und es wird deutlich, wie weit entfernt trans* Menschen noch von einer vollständigen Selbstbestimmung sind. Zugleich werden trans*feindliche Stimmen deutlich lauter und verbale und körperliche Gewalt sowie Ausschlüsse nehmen zu. Trans* Menschen leben weiterhin und zunehmend in Angst, vor allem, wenn sie zusätzlich von weiteren Diskriminierungsformen betroffen sind.

Umso wichtiger ist es auf bestehende Diskriminierungen von trans* Personen (auch im digitalen Raum) aufmerksam zu machen. Denn die vielfach trans*feindliche Stimmung kann trans* Menschen online und offline gefährden. So wird Sichtbarkeit von trans* Personen sehr unterschiedlich und sehr facettenreich erlebt: Sichtbarkeit kann zum einen sehr befreiend und empowernd sein, aber ebenso gefährlich und herausfordernd. Deshalb sollte sich kein trans* Mensch gedrängt fühlen sichtbar zu sein. Für viele trans* Menschen ist es allerdings keine situationsbedingte Entscheidung, ob sie als trans* sichtbar sein möchten oder nicht. Und auch trans* Menschen sind, abhängig von ihren Positionierungen und Ressourcen, unterschiedlich verletzbar.

Wir wollen am heutigen Transgender Day of Visibility dazu aufrufen uns gegenseitig zu unterstützen und miteinander zu solidarisieren, die Stärke unserer Community zu feiern und gleichzeitig auf bestehende Ausschlüsse hinweisen. Wir können uns gegenseitig stärken und im Schmerz halten, ob wir offen trans* leben oder nicht. Wer möchte kann sich gerne in den Kommentaren austauschen und vernetzen. Der NGVT*-Vorstand hat zudem im Vorfeld des TDoV Postkarten mit NGVT*-Briefmarken verteilt und dazu eingeladen Forderungen, Wünsche oder an nahestehende trans* Menschen auch einfach einen lieben Gruß zu verschicken. Wenn ihr mögt, teilt gern hier und/oder unter #tdov und #ngvt eure Gedanken oder Bilder von den Postkarten.

Wir rufen ausdrücklich Verbündete der Trans*-Community dazu auf, sich für die vielen Facetten, die Sichtbarkeit für unterschiedliche trans* Menschen hat, zu sensibilisieren, sich gegen Diskriminierung stark zu machen und den Themen und Bedarfen von trans* Menschen Raum zu geben. Trans* Perspektiven sind wunderbar und vielfältig und müssen wahrgenommen werden. Einen guten und sicheren Transgender Day of Visibility wünschen wir Ihnen und euch.
Illustration: Jespa Jacob Smith

 


Trans*-Peerberater*innen-Qualifizierung: Anmeldung bis zum 23.04. möglich

Nach drei Durchgängen in den Jahren 2017, 2019 und 2021 bieten das NGVT* NRW und die Landeskoordination Trans* NRW im Jahr 2023 wieder eine Fachqualifizierung für Trans*-Peerberater*innen an. Sie richtet sich an trans* und nicht-binäre Menschen, die in NRW andere trans*und nicht-binäre Menschen beraten.
Ziel der Qualifizierung ist es, Trans*-Peerberater*innen durch die Vermittlung und Vertiefung von fachlichen Grundlagen und Beratungsfähigkeiten in ihrer Arbeit zu unterstützen. Der Teilnahmenachweis kann dazu genutzt werden, gegenüber Beratungssuchenden, Institutionen etc. einen qualitativen Mindeststandard der Beratung auszuweisen.
Die Qualifizierung besteht in diesem Jahr aus drei Modulen, die von unterschiedlichen Referent*innen geleitet werden. Alle Module finden in der Jugendherberge Dortmund statt mit der Möglichkeit von Samstag auf Sonntag vor Ort zu übernachten (in Einzelzimmern).

Hier eine Übersicht über die Termine, Themen und Refererent*innen der Module:
3. Juni 2023: Einstieg (Hannah Engelmann-Gith)
4. Juni 2023: Grundlagen geschlechtlicher Vielfalt und spezifische Beratungsbedarfe nicht-binärer Menschen (K* Stern)
22. Juli 2023: Trans*-Gesundheit (K* Stern)
23. Juli 2023: Trans* & Recht – juristische Grundlagen (Dr. Louis Kasten)
19. August 2023: Beratungsgrundlagen (Né Fink)
20. August 2023: Beratungstechniken und Abschluss (Hannah Engelmann)


Hier ein paar Informationen zu den Referent*innen:
Hannah Engelmann-Gith (sie/ihr) ist freie Referentin für Gender Diversity. Sie hat langjährige Erfahrung in der Beratung von trans*_nicht-binären Menschen, unter anderem als ehemalige Leitung der Trans*Beratung Göttingen. Publikationen u.a.: "Vorsorge & Trans*Gesundheit“ (2020, mit Dany Hewelt) und „Antiqueere Ideologie. Die Suche nach identitärer Sicherheit – und was politische Bildung dagegen ausrichten kann“ (2019). Aktuell forscht sie als Promotionsstipendiatin der Rosa-Luxemburg-Stiftung zu rechter Geschlechterpolitik.
Webseite: www.hannah-engelmann.de
Né Fink (dey/deren) ist als Sensibilisierungs- und Empowerment Trainer zum Thema geschlechtliche Vielfalt selbständig. Né ist Systemischer Berater und ehrenamtlich seit 2016 in der Trans*Beratung Göttingen aktiv und berät dort trans* Personen, Zu- und Angehörige, sowie Multiplikator*innen. Dey hat die Publikation „Abinäre Personen in der Beratung“, herausgegeben vom Queeren Netzwerk Niedersachsen e.V., mitverfasst.
Webseite: https://ne-fink.de
K* Stern (kein Pronomen) ist Heilpraktiker*in für (Körper)Psychotherapie und Trainer*in für geschlechtliche Vielfalt und körperorientierte Resilienzförderung. K* hat unter anderem den Einführungsband der Buchreihe „Geschlechter und Sexualitäten in Psychotherapie und Beratung“ (im Erscheinen) mitverfasst.
Webseite: www.praxis-kstern.de
Dr. Louis Kasten (er/sein) berät als Volljurist seit vielen Jahren öffentliche Stellen, Beratungsstellen und Community-Projekte wie die Kampagne für eine Dritte Option beim Geschlechtseintrag zu Rechten und juristischen Schwierigkeiten von trans* Personen und insbesondere nicht-binären Personen. Themenschwerpunkte sind hierbei Namensänderungen und Personenstandsänderungen, sowie Elternschaft und Kostenübernahme bei medizinischen Maßnahmen.
Auch in diesem Jahr wird die Qualifizierung vom Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert. Die Teilnahme ist kostenfrei. Die Kosten für Unterkunft, Verpflegung, das Programm und die Materialien werden übernommen und Fahrtkosten werden erstattet.
Die Anmeldung ist ab sofort per Mail an info@lako-trans.nrw möglich. Schreibt gern dazu, im Rahmen welcher Gruppe oder in welchem Zusammenhang ihr andere trans*_nicht-binäre Menschen beratet. Die Anmeldefrist ist der 23.04.2023. Es gibt zehn Plätze. Wenn es mehr Anmeldungen als Plätze gibt, entscheiden wir in der Woche nach der Anmeldefrist, welche zehn Personen teilnehmen können, und melden uns bei euch.


Wir freuen uns auf eure Anmeldungen! Meldet euch auch gern per Mail, wenn ihr Fragen zur Qualifizierung habt.





Neue Broschüre zur Teilhabe von trans* und nicht-binären Menschen am Sport

Die Broschüre „Teilhabe von trans* und nicht-binären Menschen am Sport“ der Landeskoordination Trans* NRW ist erschienen!

Die Broschüre beleuchtet konkrete Herausforderungen, mit denen trans* und nicht-binäre Menschen im Breitensport konfrontiert sind. Gleichzeitig widmet sie sich Bedarfen und Wünschen von trans* und nicht-binären Menschen an die Gestaltung von Sportangeboten. Für Vereine, Sportunternehmen, Verbände, Sportbünde und Akteur*innen in Politik und Verwaltung werden Handlungsmöglichkeiten für einen trans*- und nicht-binär-inklusiven Breiten- bzw. Hobbysport aufgezeigt. Auch positive Beispiele aus dem Sportbetrieb werden vorgestellt.

 

Ohne Anspruch auf Vollständigkeit liefert diese Broschüre Ansatzpunkte, um die Teilhabe von trans* und nicht-binären Menschen am Sport zu verbessern und barriereärmer zu gestalten.

 

https://strato-editor.com/.cm4all/uproc.php/0/Aktuelles/.Cover%20Onlineshop.jpg/picture-400?_=185edb4c020
Die Broschüre basiert auf einem Fachgespräch mit neun trans* und nicht-binären Expert*innen, das von der Landeskoordination Trans* NRW im Juni 2022 veranstaltet wurde. Den Text verfasste Jannis Ruhnau im Austausch mit der Landeskoordination Trans* NRW. Das Layout und die Illustrationen hat Louie Läuger (tenderrebellions.com) gestaltet.
Die Broschüre kann hier im PDF-Format heruntergeladen und hier kostenfrei in gedruckter Form bestellt werden. Wir freuen uns über Rückmeldungen zur Broschüre (gern per Mail an info@lako-trans.nrw) und über Unterstützung bei der Verbreitung!


 








 




 



 

















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